Verletzlichkeit – Wie zeigen sich Schutzschilder?

verletzlich, vulnerable

Gerade in diesen herausfordernden Zeiten sehe ich bei immer mehr Klienten wie deren Schutzschilder überfordert sind oder gar zusammenbrechen. Immer mehr verschleierte oder versteckte Themen kommen hoch und prasseln auf sie ein. Und dabei frage ich mich, was bewegt einen Menschen, dass er so viel investiert um so lange als möglich alles unter den Teppich zu kehren. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass diese Investition viel mehr Aufwand benötigt, als der „Aufwand“ den man betreibt um sich mit seinen Verletzungen auseinander zu setzen.

Warum dürfen/ wollen/ können wir unsere Verletzungen nicht zeigen?
Ich erkläre das meinen Klienten gerne so: jeder von uns macht im Laufe seines Lebens Erfahrungen. Manche sind schön,  andere tun weh. Jene die weh tun, verursachen Wunden. Und wenn zu viele Wunden entstehen, dann wird man vorsichtig und ängstlich und schützt sich schon bevor überhaupt eine Verwundung entstehen kann. Wenn du dir das verbildlichst, könnte man es so beschreiben: dein Herz wurde zu viel verletzt und dein Schutzprogramm schaltet sich ein, damit dies nicht so schnell wieder geschieht. Je öfter dies geschieht desto stärker wird das Schutzprogramm. Dieses befindet sich in deinem Verstand. Und dieser tut alles mögliche dafür um dich zu beschützen. Nicht nur klassische Programme wie Ängst, Vorsicht, Rückzug, sondern auch Verschleierung, Vernebelung, Ablenkungen gehören dazu.
Bekannte Mechanismen die man nicht gleich damit in Verbindung bringt sind der bekannte Perfektionismus, emotionale Betäubung, Zynismus oder Täter- Opferrolle.
Die Krux dahinter ist jedoch, dass 1. diese Programme unendlich mühsam sind und Energie kosten, 2. diese Programme laufen irgendwann Gefahr zusammen zu brechen und 3. man sich mit jeder Schutzschicht mehr, abgrenzt von Gefühlen/ Emotionen und gefühlter Beziehung.

Hinter diesem Mechanismen steht vor allem eine der größten Ängst – die Angst vor Ausgrenzung! Wir haben ein tiefes Grundbedürfnis nach Nähe, Liebe und Zugehörigkeit. Ohne dieser wären wir nicht überlebensfähig. Die Angst, dass etwas, was wir getan oder unterlassen haben, ein Ideal, dem wir nicht entsprochen, oder ein Ziel, das wir nicht erreicht haben, uns der Verbundenheit mit anderen nicht würdig macht ist allgegenwärtig. Sie erzählt uns permanent, dass wir nicht liebenswert sind und dringt uns zu Strategien, die echte Nähe und Beziehungen untergraben.

Was können wir nun in erster Linie selbst tun?
Mach dir bewusst, wann sich dein Schutzprogramm einschaltet. Lass Gefühle und Emotionen zu und finde dabei heraus, was dir diese mitteilen möchten. Fühlen durch sie hindurch.
Weiters ist es wichtig, sich zugestehen, dass diese Schutzprogramme, Wunden, Emotionen momentan ein Teil von dir sind. Akzeptiere sie, lasse sie zu.

 

(Photo by Sharon McCutcheon on Unsplash)